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Prof. Dr. Demosthenes Savramis

Der Priester als Nationalsymbol der Griechen

Theologia, ΝΗ΄, Αthen 1987, S. 275-293.


1 Teil: Der Hüter des nationalen Bewusstseins

Der grosse Unabhängigkeitskampf der Griechen, der im 1821 ausbrach, ist nicht der einzige Versuch, ihre Freiheit wiederzuerlangen. Mehrere kleinere und grössere Revolutionen, zumeist von örtlieher Bedeutung, lösten einander ab, und in ihnen spielte die Kirche und ihr Klerus eine bedeutsame und aktive Rolle (1). Der erste Versuch dieser Art datiert aus dem Jahre 1495. Zwischen 1500 und 1600 sind sechs weitere ähnliche Unternehmungen zu belegen. Priester und Bischöfe gehörten immer zu den Initiatoren. So entstand z.B. die Revolution von 1575 unter der Führung von zwei Brüdern, des Erzbischofs von Epidauros Makarios Melissinos und des Bischofs Theodoros. Ihnen gelang es, eine kleine Armee aus 5.000 Fusssoldaten und 3.000 Kavalleristen zu bilden, und sie bekämpften die Türken zwei Jahre lang.

In einer anderen Revolution, die mehr panhelleftischen charakter aufwies und sich über die Jahre 1600-1612 erstreckte, spielten die Bischöfe Chrysanthos Laskaris und Νeophytos die Hauptrolle, während andere Geistliche, so der spätere• Patriarch von Konstantinopel (1612-1620) und damalige Metropolit von Patras Timotheos sowie der Metropolit von Larissa Dionysios ebenfalls der Revolution beitraten. Diese religiösen Führer waren vielfach getragen von ihrem religiösen Enthusiasmus, und sie vernachlässigten eine Analyse der realen Gegebenheiten und liesseh ernsthafte Vorbereitungen vermissen. Daher waren auch ihre Erfolgschancen gering, und die Opfer, die der türkischen Rache anheim fielen, stammten grundsätzlich aus den Reihen des Klerus.

Während der Revolution des Jahres 1684 begegnen wir einem Phänomen, das in der Geschichte einmalig dastehen dürfte. Der Metropolit von Kephallenia, Timotheos Typaldos, organisierte eine militärische Gruppe, die sich ausschliesslich aus 150 Priestern und Mönchen rekrutierte und die unter der Führung des Bischofs gegen die Türken kämpfte. Kirchliche Lieder symbolischen Charakters stärkten den Mut der Kämpfer, und man schuf eine symbolische Verbindung der Auferstehung Christi mit der Auferstehung (=Anastasis) der Nation. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts fand eine Revolution statt, die, verglichen mit den ungenügend vorbereiteten früheren, sorgfältig und systematisch organisiert war. Wieder war es ein Bischof, der als führender Geist die Organisation des Aufstandes betrieb, und zwar der Metropolit (Palaion Patron) Parthenios, der in Aigion als erster die Revolution ausrief. Seinem Beispiel folgten die Bischöfe von Methone, Korone und Kalamai sowie der Metropolit von Korinthos Makarios. Ein anderer Metropolit, Ananias Lambardes, musste die revolutionären Aktionen seiner Amtsbrüder mit dem Leben bezahlen. Er war mit dem Verdacht, an den Aktionen teilgenommen zu haben, verhaftet, zum. Tode verurteilt und enthauptet worden (1767).

Die schwarze Soutane (=Raso) des orthodoxen Klerus wurde zum Albtraum der Türken. In Verbindung mit der eben erwähnten Revolution ging unter den Türken die Legende um, dass ein geheimnisvoller Mönch namens Stephanos die Balkanländer bereise, um sie im Namen der grossen orthodoxen Macht Russland gegen die Türken aufzuwiegeln (2). In der Legende steckt insofern ein Stück Wahrheit, als später, 1814, griechische Kaufleute in Odessa einen Geheimbund, die bzw. 'Philiki Hetäria' (Gesellschaft der Freunde) gründeten, der den griechischen Unabhängigkeitskrieg (1821-1829) vorbereitete und in ständiger Verbindung mit den führenden Geistlichen Griechenlands stand.

Angesichts der aktiven Rolle, die der Klerus während aller Unabhängigkeitskämpfe der Griechen spielte, erscheint es nur folgerichtig, dass am 25. März des Jahres 1821, an dem Tag, der zum großen Tag der Nation wurde und der noch heute als höchster nationaler Feiertag von den Grichen begangen wird, kein anderer als ein Bischof, und zwar der Metropolit (Palaion Patron) Germanos, in einem Kloster (Hagia Laura) die grosse, letzte und endgültige Revolution (die Epanastasis, wie die Griechen sagen) ausrief (3). Diese Revolution stellte mehr als einen Befreiungsversuch der Griechen dar, da (a) dieser Kampf der Griechen die Mittelmeerstellung des türkischen Reiches erschütterte und den Griechen (b) zugleich eine führende Stellung auf der Balkanhalbinsel verschaffte. Unter diesen Aspekten gewinnt der Beitrag des griechischen Klerus zu der Revolution von 1821 noch an Bedeutung. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass der 25 März zugleich einer der grössten kirchlichen Feiertage der orthodoxen Welt ist Damit trat eine enge Verbindung zwischen dem Hellinismos (=Griechentum) und dem Evangelismos (=Mariae Verkün- digung) ein, die das national-religiös geprägte Bewusstsein der Grie- chen verstärkte und der heute noch wirkenden Verbindung von Nation und Religion eine besondere Legitimierung verschaffte. Der Klerus, als Nationalsymbol, gewann durch diese Ereignisse erheblich an Bedeutung.

Während des griechischen Unabhängigkeitskrieges bot sich den Geistlichen die einmalige Gelegenheit, der neugriechischen Geschichte die schwarze Soutane als Symbol des Heldentums zu überliefern (4). Zahlreiche Kleriker gehören zu den Helden der Nation, vor allem seien hier aber stellvertretend die Namen von Papaflessas (5) und von Athanasios Diakos (6) erwähnt.

Der Archimandrit Gregorios Dikaios Papaflessas wurde 1788 auf der Pelepones geboren und erlebte die Auswirklingen der Türkenherrschaft in den Reihen seiner eigenen Familie, da er die Ermordung seines Vaters miterleben musste. Er war von der Idee der Revolution besessen und wurde einer seiner Initiatoren. Am 20 Mai 1825 griff er Ibrahim Pascha in der Nähe des Dorfes Maniäki an. Mit 950 Griechen versuchte der Archimandrit, 10.000 Fußsoldaten und 3.000 Kavalleristen des Feindes zu besiegen. Dieser ungleiche Kampf endete mit dem Tod aller Griechen. Als letzter starb kämpfend der 37 Jahre alte Geistliche, der nach der Überlieferung in der einen Hand ias -Kreuz in der anderen das Schwert hielt. Die Tradition erzählt weiter, dass Ibrahim Pascha die Leiche des besiegten Priesters verlangte und sie in Anerkennung der aussergewöhnlichen Tapferkeit des Gegners umarmte und küsste. Geschichtlich ist erwiesen, dass Papaflessas viel dazu beitrug, dass die Revolution der Griechen überhaupt beginnen konnte, und deshalb ist er als «Apostel der Freiheit» in die Geschichte eingegangen.

Athanasios Diakos (geboren zwischen 1785 und 1790) ging 1805 ins Kloster und wurde Diakon. Im Jahre 1821 finden wir ihn aber schon als Führer der Freiheitskämpfer von Lebadeia. Am 27 März 1821 besuchten Athanasios und seine Kämpfer das Kloster Hosios Lukas, wo die Bischöfe (Salonon) Esaias und (Talantiou) Neophytos am gleichen Tage die Revolution offiziell ausriefen. Damit wurde das Kloster Hosios Lukas zum symbolischen Ausgangspunkt des Aufstandes im übrigen Griechenland, nachdem das Kloster Hagia Laufa der Ausgangspunkt des Aufstandes auf der Pelopones geworden war. In beiden Fällen vollzog sich die Proklamation des Unabhängigkeitskrieges im Kloster, und die Initiatoren gehörten dem Klerus an.

Athanasios Diakos zählte zu den Klerikern, die nach dem Text eines Volksliedes «in dem Weihrauchgefäss Schiesspulver statt Weihrauch verwandten» (7). Er besass eine eigene Revolutionsfahne die auf weißem Hintergrund den Heiligen Georg zeigte mit der Umschrift «Freiheit oder Tod». Am 1 April 1821 wurde sie in der Kirche des Heiligen Georg in Lebadeia vom Bischof von Athen Dionysios gesegnet. Seinem Revolutionskomittee gehörten drei Bischöfe an und zwar Dionysios (Athen), Neophytos (Talantiou) und Esaias (Salonon).

Athanasios hat man oft mit Leonidas verglichen (8) da er am 22 April -1821 mit wenigen Griechen gegen eine Übermacht der Türken auf der Brücke von Alamanain der Nähe der Thermopylen seinen letzten Kampf bestand. Er wurde gefangengenommen und am 23 oder 24 April bei lebendigem Leibe aufgespiesst und verbrannt.





Note

1. Vgl. vor allem dazu: Bobolinis, K., Die Kirche im Kampf um die Freiheit (1453-1953). Athen 1952. Ebenso siehe: Soteriou, C., Die Kirche im Dienst der Unabhängigkeitskämpfe, in: Ekklesia (1951), Karolidi s, P., Welchen Dienst hat die Kirche der griechischen Nation geleistet? Athen 1921, und Balanos, D., Kirche und Nation, Athen 1938, (alles griech.).

2. Vgl. Bobolinis, K., a.a.O., S. 61.

3. Vgl. dazu: Kokkinos, D., Die griechische Revolution, (12 Bde), Athen 1956-1960. Reichhaltige Literatur; (griech.J.

4. Vgl. dazu — ausser Bobolinis, K.,. (a.a.O.) — Triantaphyllou, A., Die Tätigkeit des Klerus in der Kriegsmarine von 1821 bis heute, Athen 1921, Papadopoulos, N., Kleriker-Politiker während der griechischen Revolution, Athen 1928, ders.: Pfarrpriester als Freiheitskämpfer, in: Enzyklopädie für Religion und Ethik. I. Bd. Athen 1962, Sp 358-367 (=Artikel Agon=Kampf), Panteleemon, Bischof von Karystia: Die Griechische Kirche während der Revolution von 1821, Athen 1931, und Papadopoulos Chr., Die Kirche von Konstantinopel und die grosse Revolution von 1821, Athen 1950, (alles griech.).

5. Vgl. dazu Melas, S p., Blutige Soutanen, Athen, o.J., (3. Aufl.) S. 10-129 Bobolinis K., a.a.O., S. 107ff, und K o k k i n o s, a.a.O., 9. Bd. S. 15-25, (alles griech.).

6. Siehe dazu Bobolinis K., a.a.O., S. 131ff., Melas S p., a.a.O., 270-300, Kokkinos D., a.a.O., 1. Bd. S. 299-304 und S. 461-471, Paparerrigopoulos K., Geschichte der griechischen Nation, Athen 1932, Bd. 6,1, S. 61ff. und Photiadis E., Athanasios Diakos, in: Enzyklopädie für Religion uqd Etrpk,1. Bd, Athen 1962, Sp. 374ff, (alles griech.).

7. Vgl. Bobolinis, K., a.a.O., S. 132.

8. So Boholinis, K., a.a.O., S. 133.

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