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On Line Library of the Church of Greece


 Ioannis Pheidas

Kirchenbegriff und Kirchenverständnis In den ersten Zwei Jahrhunderten

Die Struktur der Kirche

DIE ENTSTEHUNG DER FRÜHKATHOLISCHEN KIRCHE ΙΜ 2. JAHRHUNDERT

 

1. Der Zusammenschluß der Gemeinden in der Einen Kirche Gottes356.

Die Tatsache daß jede Gemeindesich sich unter ihrem Bischof in Glaubenstreue zu der apostilischen Überlieferung bekannte und somit eine volle Kirche war, hatte nicht ihre Isolierung wegen Selbstgenügsamkeit von der "gemeinsamen Vereinigung" der Gemeinden zur Folge, sondern sie war die Voraussetzung für ihre Einverleibung in die Kirche Gottes357". Denn dieselbe Realität geschah in allen Gemeinden, darum bildete die Identität des Leibes Christi den Kern ihrer Einheit in der Einen Kirche Gottes. 

Als Voraussetzung für die Entstehung der Einen Kirche muß das Einheitsbewußtsein zwischen den Christen betrachtet werden. Dieses Bewußtsein, daß nämlich alle Christen eine Einheit bildeten, obwohl sie über die ganze Welt verstreut waren, bestand, wie erwähnt, schon in der Anfangszeit der Kirche. Aus dem Einheitsbewuämlich alle Christen eine Einheit bildeten, obwohl sie über die ganze Welt verstreut waren, bestand, wie erwähnt, schon in der Anfangszeit der Kirche. Aus dem Einheitsbewußtsein der Christen ergab sich das Bewußtsein, daß alle über die ganze Welt verstreuten Christen eine Kirche bilden. Darauf haben sowohl die Universalitätsidee der Griechen358 als auch das Selbstbewußtsein der Christen, daß sie ein Volk bilden, eingewirkt359. So kommt sehr früh die Selbstbezeichnung der Christen als "Brüderschaft" (αδελφότης)360 und das Bewußtsein über eine Kirche in der Diaspora vor, worauf der erste Petrusbrief 361 hindeutet und später die Didache362. Später hat durch die akute Differenzierung des Christentums sowohl vom Judentum als auch vom Hellenismus dieses Bewußtsein von Einer Kirche bei den Apologeten die Bezeichnungsform der Kirche als drittes Geschlecht hinzugenommen363. Zum Schluß werden die über die ganze Welt lebenden Christen in der kirchlichen Literatur der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts als die "Ekklesia" definiert. Somit ist im "Martyrium Polykarps" von "der ganzen katholischen Kirche über die ganze Welt "364 die Rede; der Anonymus Antimontanist spricht von "der katholischen und ganzen Kirche unter dem Himmel"365 und Hegesipp über "die Einheit der Κirche”366, Irenäus erwähnt schließlich die "Κirche” die "über die ganze Welt zerstreut ist"367. Die Betonung der Existenz Einer Kirche bezüglich des Einheitsbewußtseins der Christen in den oben angeführten Stellen erhebt verständlicherweise die Frage nach dem Existenzcharakter vieler voller und katholischer Kirchen in der ganzen Welt. Wie ist es nämlich möglich, daß im "Martyrium Polykarps" die Rede von der Einen "über die ganze Welt katholischen Κirche” ist368, während auch von der Existenz vieler "Kirchen über die ganze Welt"369 gesprochen wird. Es geht also hier um die Frage der Beziehung der Gemeinden zu der Gesamtkirche. 

Im Prinzip bedeutet Christ zu sein, nicht nur Volkszugehörigkeit, sondern auch Gemeindemitgliedschaft. Während der Begriff "Εkklesia” als Definition der Identität der über die ganze Welt lebenden Christen ihr Einheitsbewußtseins ausrichtete, bedeutete die Gemeinde die Verwirklichung dieses Einheitsbewußtseins am Ort. Geschichtlich war also das Christentum die "Kirchen/Gemeinden" und nicht die "Kirche", weil die starke Einheit der Christen in der ganzen Welt sich unbedingt durch die Gemeinde herausstellte. Niemand konnte Christ sein, ohne zu einer Gemeinde zu gehören. Deshalb konnte niemand an der Einheit der Gesamtkirche teilnehmen, wenn er vorher nicht zu der Einheit einer Gemeinde gehörte370. Die Kirche in der ganzen Welt war nicht ein historisches Gebilde, sondern nur das Bewußtsein, de Kirche in der ganzen Welt war nicht ein historisches Gebilde, sondern nur das Bewuίtsein, drausstellte. Niemand konnte Christ sein, ohne zu einer Gemeinde zu gehen. Die Kirche als Gesamtheit war in dieser Zeit die Idee der Einheit der Christen und nicht die Einheit der Kirchen. Und als die Einheit der Christen erschien sie geschichtlich in den Gemeinden. So verstand sie sich nicht als eine Einheit von Teilen, die untereinander ergδnzt wurden, sondern angesichts der Tatsache, d untereinander ergδnzt wurden, sondern angesichts der Tatsache, dheit der Christen und nicht die Einheit der Kirchen. Und als die Einheit der Christen erschien sie geschichtlicändige Kirche die keine Ergänzung brauchte. 

Daß alle Gemeinden volle Kirchen waren, weil der ganze Christus sich in ihrer Einheit mit dem Bischof offenbarte, bedeutete, daß auch ihre Einheit untereinander auf ihre Identität in Christus gegründet wurde. Die Bischöfe, die in sich ihre Gemeinden verkörperten, drückten ihre Einheit als Leib Christi in ihrer Vereinigung, miteinander aus. Alle Bischöfe, wenn sie in demselben Zentrum zusammentrafen, waren "in Jesus Christus". Der Zusammenschluß der Gemeinden in der Einen Kirche bestand also nicht aus einer demokratischen Mehrheit, sondern aus dem Zusammentreffen der Gemeinden durch ihre Bischöfe am selben Punkt bzw. in Christus. Das bezeugt übrigens auch Ignatius schon am Anfang des 2. Jahrhunderts, als er schreibt: "wie auch die Bischöfe, die bis an die Grenzen der Welt aufgestellt sind, im Willen Jesu Christi sind"371. 

Diese Auffassung über Einheit in der Identität war die Basis für das Universalitätsbewußtsein aller Gemeinden. In der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts und anläßlich der Osterstreitfrage befinden wir uns im Angesicht eines besonderen Selbstbewußtseins, daß alle Christen über die ganze Welt eine Einheit bilden372. Das bezeugt auch der Bericht von Euseb über die Osterfrage, wo "Konferenzen und gemeinsame Beratungen νοn Bischäfen stattfanden und alle einstimmig waren"373 und wo "sie (die Bischöfe) eine und dieselbe Meinung und Ansicht bekundeten und das gleiche Urteil abgaben. Ihr einstimmiger Beschluß ist erwähnt"374. Unter diesem Gesichtpunkt erklären sich sowohl die beharrlichen Verweigerungen, besonders die von Irenäus in Bezug auf jede Einmischung von Rom in die Angelegenheiten der kleinasiatischen Gemeinden, weil, wie erwähnt, "die Verschiedenheit im Fasten die Einheit im Glauben erweist"375 als auch die berühmte Stelle von Irenäus über die Überlieferung376, in der die Idee der Glaubensidentität vorherrscht, die durch die Meinungsidentität der Bischöfe bestätigt wird377. Tertullian unterstreicht dieses Argument mit großem Nachdruck, indem er betont: "Wo es sich unter υielen (Kirchen) eine Einheitlichkeit findet, da haben wir es nicht mit Irrtum, sondern mit Tradition zu tun”378. Die Einheit der Kirche ist die Einheit in der Überlieferung. Sie wird bewahrt und erlebt von den Gemeinden in der ganzen Welt. Alle Gemeinden identifizieren sich durch die Bewahrung der apostolischen Überlieferung zum Inhalt und Leben der ersten apostolischen Kirche d.h. zu ihren Ursprüngen. Dies macht für Tertullian jede der Gemeinden völlig apostolisch und katholisch: "So gibt es denn der Kirchen viele und zahlreiche, und doch sind sie nur eine, jene apostolische, ursprüngliche, aus der sie alle stammen. Sie sind alle in dieser Weise ursprünglich und apostolisch, in dem alle zusammen eine sind AIs Beweise für die Einheit dienen: das gegenseitige Gewähren des Friedens, die Benennung "Brüderschaft" und die gegenseitige Pflege der Gastfreundschaft, drei Rechte, welche durch keinen andern Grund bestimmt werden, als durch die eine Überlieferung derselben Glaubenslehre"379. Diese Lehre Tertullians schließt nicht nur den Vorrang irgendeiner Gemeinde aus, da alle Gemeinden ausnahmlos auf gleiche Art apostolische und vollständige Kirchen sind, sondern deutet auch auf dieselbe Auffassung über Einheit in der Überlieferung, die wir auch bei Irenäus fanden. Die Identifizierung jeder Gemeinde zur Überlieferung bildet nämlich die einzige Norm, die den Zusammenschluß der über die ganzen Welt verstreuten Gemeinden zu einer katholischen und apostolischen Kirche regelt regelt. Daraus entsteht die Bedeutung der Institution der Synoden, in denen "die überall her eingesetzten Bischöfe", als sie zusammenkamen, insofern es möglich war, feststellten, ob sie alle in "Jesus Christus Meinung" waren. Im Fall, in dem keine Identität in der Überlieferung festgestellt wurde, befand sich die Einheit in Gefahr und sie könnte durch das Ausschließen bestimmter Gemeinden aus der Gemeinschaft gerettet werden380. Auch nach dem Ausschließen ist die Kirche ganz und vollständig als Leib Christi, weil Christus nicht geteilt werden kann und weil die Kirche keine arithmetische Einheit bildet. Deshalb bleibt sie auch nach der Spaltung vollständig und ganz unabhängig von der Zahl der Gemeinden. Dasselbe bezeugt auch Hegesipp, wenn er erzählt: "d“d Auch nach dem Ausschlieίen ist die Kirche ganz unöfen zusammengekommen sei und daß er νοn αllen die gleiche Lehre erhalten habe”381,und Aberkius von Hieropolis erwähnt diese Tatsache, als er bis nach Rom und Syrien gereist war und überall dengleichen Glauben und diegleiche heilige Eucharistie fand382. In derselben Zeit erscheinen anläßlich der Osterstreitfrage und der montanistischen Krise die ersten Synoden. Die Institution der Synoden deutet auf diegleiche Auffassung über Einheit hin, die uns auch vorher begegnet war. Die Identität jeder Gemeinde zu der apostolischen Überlieferung bildet das einzige Kriterium, das die Beziehung der Einheit der Gemeinden miteinander zu der Einen katholischen und apostolischen Kirche leitet.

Es ist also verständlich, daß ist als Voraussetzung für die horizontale Einheit der Gemeinden über die ganze Welt die vertikale Verbindung zu der apostolischen Kirche erforderlich war. Hegesipp benutzte diese Zurückführung auf die Urkirche und die Identität jeder Gemeinde zu ihr als das stärkste Argument gegen die Häresien. Die Bischöfe versicherten in den Synoden durch Kommunikation die Einheit ihrer Gemeinden in der Identität, die als eine Begegnung aller Gemeinden an demselben Mittelpunkt, in Jesus Christus, wie er in jeder Gemeinde überliefert wurde, verstanden wurde.

Die Einheit der Gemeinden in Christus ist die Identität der von ihnen erlebten Überlieferung. Es ist deshalb nicht merkwürdig, daß die Synoden sowohl gegen den Montanismus als auch über die Osterfrage ihre Beschlüsse auf die Schrift und auf die apostolische Überlieferung stützten. Durch die Synoden wurde also die Einheit der Gemeinden als Identität im rechten Glauben und in der apostolischen Überlieferung vorgeführt und ihre "gemeinsame Vereinigung" durch die Gemeinschaft ausgedrückt. Im Falle, daß keine volle Identität festgestellt wurde, befand sich die Einheit in Gefahr und sie konnte durch den Ausschluß mancher Gemeinden aus der Gemeinschaft bewahrt werden, nämlich derjenigen, die sich nicht mit dem gemeinsamen Zentrum, mit der gemeinsamen apostolischen Überlieferung identifizierten. Und zu diesem Fall gehören die Häretiker. Das bezeugt Anonymus Antimontanist, wenn er über die Synoden gegen den Montanismus erwähnt: "So kamen die Gläubigen Asiens wiederholt an verschiedenen Orten zusammen, prüften die neue Lehre, erkannten ihre Gemeinheit und verurteilten die Sekte, worauf diese Leute aus der Κirche hinausgeworfen und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurden”383. Das bestätigt auch Irenäus in seinem Brief an Phlorinus durch den Satz "die außerhalb der Κιrche stehenden Häretiker384. Die Osterstreitfrage war ebenfalls eng verbunden mit der Einheit als Gemeinschaft: "Daraufhin versuchte Viktor, der Bischof der römischen Gemeinde, die Gemeinden von ganz Asien sowie die ang“Daraufhin versuchte Viktor, der Bischof der rφmischen Gemeinde, die Gemeinden von ganz Asien sowie die angorauf diese Leuöffentlich in einem Schreiben, worin er alle dortigen Brßben, worin er alle dortigen Brüder als außerhalb der Kirchengemeinschaft stehend erklärte"385. Aus dieser Stelle wird offenkurdig, daß die "gemeinsame Vereinigung" bzw. die Einheit der Gesamtkirche in der Gemeinschaft zwischen den Gemeinden liegt386.

Die Gemeinschaft der Gemeinden wurde durch die gemeinsame Feier der Eucharistie der Bischöfe demonstriert. Polykarp und Aniket haben nach ihrer Diskussion in Rom über den Osterfeiertag, obwohl sie nicht einig wurden, die heilige Eucharistie gemeinsam gefeiert, und somit demonstriert, daß sie weiter in Gemeinschaft bleiben wοllen387. Die unerschütterliche Grundlage von der Einheit aller Gemeinden in der Identität des Glaubens kommt also durch das gemeinsame Kommunizieren ihrer Bischöfe zum Ausdruck, insofern als die Einheit der Gemeinden in der heil. Eucharistie ihre Einheit im rechten Glauben und in der Liebe voraussetzt und ausdrückt: "Unsere Lehre aber stimmt mit der Eucharistie überein, und die Eucharistie wiederum bestätigt unsere Lehre. Vοn dem Seinigen nämlich opfern wir ihm, indem wir geziemenderweise die unauflösliche Einheit von Fleisch und Geist verkünden" deshalb werden auch die Häretiker ermahnt "sie diese Lehre abzuändern oder nicht mehr die genannten Gaben darzubringen"388. Dasselbe wird in der berühmten Inschrift des Aberkios von Hieropolis erwähnt, wo, wie der Verfasser schreibt, das eucharistische Mahl die weltumspannende Einheit des Christenvolkes bewirkt389. Infolgedessen reflektierte die Einheit und die Gemeinschaft des Leibes der Bischöfe die sakramentale Einheit und Gemeinschaft der Gemeinden in der heiligen Eucharistie, weil sonst die Stellung der Bischöfe in der Gesamtkirche ohne ihre organische Einheit mit ihren Gemeinden unverständlich bleibt. 

Dieses bedeutete, daß jede Gemeinde mit den anderen Gemeinden identisch sein und mit ihnen in voller Gemeinschaft leben sollte. Alle Gemeinden sollten aber, wie betont, sich mit der Urkirche decken und diegleiche apostolische Überlieferung erleben. Im Falle, daß die Mehrkeit der Gemeinden untereinander zusammentrafen, ohne daί sie jedoch mit der apostolischen Kirche zusammenfielen, wόrde trotzdem keinesfalls die Meinung der Mehrheit gelten. Daraus folgt, daß die Einheit der Kirche keine Einheit aus Teilen, die sich sammelten, bildete, wο das Mehrheitsprinzip galt. Sie war vielmehr eine qualitative und organische Einheit, die sich als Identifizierung mit dem “Wahren” und mit dem Urbild" verstand, wie sie in der Urkirche erschien und dannach in den Gemeinden überliefert wurde.

Die Vereinigung der Gemeinden in Einer Kirche im 2. Jahrhundert wurde also in ihrer Identität zu ein- und demselben Christus verstanden. Dies ist sichtbar erstens in der Beziehung der Gemeinde zu ihrem Bischof, der die Stelle Christi in der Gemeinde einnahm und das "Charisma veritatis" hatte, zweitens in der Treue jeder Gemeinde zu der apostolischen Überlieferung und drittens in der Gemeinschaft zwischen den Gemeinden, vorausgesetzt die zwei ersten Bedingungen sind erfüllt. Durch diese drei geschah die "gemeinsame Vereinigung" der Gemeinden in Einer Kirche. 

 

2. Die Stellung der Bischöfe in der Gemeinschaft der Gemeinden.

Die Gemeinschaft der Gemeinden verwirklichte sich in der Gemeinschaft ihrer Bischöfe, die aufgrund ihrer Stellung in ihren Gemeinden nicht nur zum Schützer, sondern auch zum Zeugen ihres Glaubens nach außen wurden. Sie sind die rechtmäßigen Repräsentanten ihrer Gemeinden in der "gemeinsamen Vereinigung", da sie ihre Gemeinden verkörpern. Ignatius sieht sich der ganzen Gemeinde in der Person des Bischofs gegenübergestellt. Diese Inkarnation der Gemeinde in der Person des Bischofs hat weitere Folgen für die Stellung des Bischofs in der Gemeinschaft der Gemeinden.

In den Synoden werden die Bischöfe als die Häupter ihrer Gemeinden zu ihrem "Μund”, um ihr Zeugnis in der "gemeinsamen Vereinigung" der Gemeinden darzubieten, und so werden sie auch zu Schützern der Einheit der Kirche. Wie infolgedessen die Rechtgläubigkeit der Bischöfe auf die Rechtgläubigkeit der Gemeinden hindeutete, so bewies die Gemeinschaft der Bischöfe die Einheit der Kirche390. Die Gemeinschaft der Bischöfe verwirklichte sich aber nur aufgrund des rechten Glaubens, der in der Kirche durch die authentische apostolische Überlieferung erhalten blieb, und die in jeder Gemeinde durch ununterbrochene apostolische Sukzession gezeigt werden konnte. 

Die Teilnahme der Bischöfe an den Synoden geschieht nicht wegen ihrer persönlichen Autorität sondern als Repräsentanten ihrer Gemeinden. Jede Gemeinde wird in der Person ihres Bischofs als vertreten angesehen. Der Bischof wird in den Synoden keinesfalls

unabhängig von seiner Gemeinde als Träger seines persönlichen Glaubens verstanden, weil es während dieser Zeit nicht möglich war, sich den Bischof ohne Gemeinde oder umgekehrt vorzustellen. Der Bischof wird zum Zeugen des Glaubens seiner Gemeinde und keinesfalls ohne sie. Die Richtigkeit des Zeugnisses fällt auf die Gemeinde und nicht auf den Bischof persönlich zurück. Darum miner Gemeinde und keinesfalls ohne sie. Die Richtigkeit des Zeugnisses fδllt auf die Gemeinde und nicht auf mmen von Gemeinden am Ort verstehen, das sich in der Person ihrer Bischφfe verwirklicht.

Die organische Einheit zwischen dem Bischof und der Gemeinde macht ihm zum authentischen Zeugen der in ihr bewahrten apostolischen άberlieferung. In der synodalen Idee ist auch die Idee von der Einheit zwischen Bischof und Gemeinde enthalten, weil durch die intensive und dauerhafte Kommunikation zwischen den Bischφfen sowohl die Identität als auch die Authentizität des von den Gemeinden erlebten Glaubens bestätigt wird. Die Stellung des Bischofs in der Kirchengemeinschaft wird in der unzertrennlichen Einheit des Bischofs mit seiner Gemeinde, in der sozusagen "organischen" Einheit ihres kirchlichen Leibes, begriffen. Darum werden dem Bischof als dem Haupt des Leibes der Gemeinde Eigenschaften zuerkannt, die dem ganzen Leib d.h. der ganzen Gemeinde gehören. Somit wird auch die Lehrautorität der Gemeinde ihrem Bischof zugeschrieben. Der Bischof vertritt bei den Synoden nicht einen Teil der Kirche, sondern die ganze Kirche Gottes, weil die von ihm vertretene Gemeinde nicht nur einen Teil der Kirche bildet, sondern eine ganze und volle Kirche ist. Denn alle Gemeinden sind in ihrer gemeinsamen Vereinigung gleich ohne qualitativen oder quantitativen Unterschied, darum nehmen auch die Bischöfe an den Synoden als gleichberechtigte Partner ohne jede quantitative oder qualitative Differenzierung teil. Ihre Gleichberechtigung versteht sich jedoch nicht nur allein aufgrund der Vollständigkeit ihrer Gemeinden, sondern auch wegen der Vollständigkeit ihrer bischöflichen Gewalt. Denn durch die Weihe übernehmen die Bischöfe die Verantwortung der Ausübung der ganzen bischöflichen Gewalt und nicht nur eines Teiles, da jede Gemeinde die ganze Kirche Gottes und nicht einen Teil von ihr repräsentiert. Das christozentrische Verständnis der bischöflichen Gewalt hob die absolute Einheit und Identität der von allen Trägern bekleideten Gewalt hervor, weil die einzelnen Bischöfe in jeder Gemeinde dieselbe bischofliche Gewalt verwirklichten. Alle Bischöfe waren nämlich nach Ansicht der bischöflichen Gewalt gleich miteinander und Träger ein und derselben kirchlichen Überlieferung. Das drückt Irenäus deutlich aus: "Sind sie doch alle viel später als die Bischöfe, denen die Apostel die Gemeinden übergeben haben, was wir im dritten Buch mit aller Sorgfalt nachwiesen. Da nun also die genannten Häretiker für die Wahrheit blind sind, so schweifen sie immer auf andere ab, und ohne Sinn oder Zusammenhang sind die Spuren ihrer Lehre.Der Pfand derer aber, die zur Kirche gehören, führt um die ganze Welt herum; er hat die feste, apostolische Tradition und läßt uns erkennen, dzur Kirche gehφren, fόhrt um die ganze Welt herum; er hat die feste, apostolische Tradition und lδίt uns erkennen, dten Buch mit aller Sorgfalt nachwiesen. Da nun also die genannten Hδretiker fόr die Wahrheit blind sind, so schweifen sie immer auf andere Form der kirchlichen Verfassung, erwarten eben dieselbe Ankunft des Herrn und erhoffen eben dieselbe Heilung des ganzen Menschen, d.h. des Leibes und der Seele. Wahr und fest ist die Predigt der Kirche; ein und derselbe Weg zum Ηeil wird in der gesamten W Form der kirchlichen Verfassung, erwarten eben dieselbe Ankunft des Herrn und erhoffen eben dieselbe Heilung des ganzen Menschen, d.h. des Leibes und der Seele. Wahr und fest ist die Predigt der Kirche; ein und derselbe Weg zum Ηeil wird in der gesamten W sie ständig". Überall nämlich predigt die Κirche die Wahrheit, sie ist der siebenarmige Leuchter, der Christ Licht trägt391.

Das Wiederholen von "ein und derselbe" weist auf die Einheit und Identität der bischoflichen Gewalt hin. Darauf deutet auch der Satz von Polykrates von Ephesus in seinem Brief an Viktor, den Bischof von Rom, hin: "Auch ich, Polykrates, der geringste unter euch allen, halte mich an die Überlieferung meiner Verwandten, νοn denen einige auch meine Vorganger waren. Sieben meiner Verwandten waren nämlich Bischöfe, und ich bin der achte. Und stets haben meine Verwandten den Tag gefeiert, an welchem das volk den Sauerteig entfernte"392. Ohne Zweifel handelt es sich hier nicht um eine Tradition, die auf geheime Art von Bischof zu Bischof bis Polykrates überliefert wurde, sondern um eine Tradition der Kirche, die Polykrates durch Bezugnahme auf die Einstimmigkeit der kleinasiatischen Gemeinden schützt.Diese Tradition drückt sich durch die Bischöfe der Gemeinden aus, wie der Begriff "Verwandte" (συγγενεiς) zeigt393.

Auf die gleiche Art kamen wegen derselben Frage des Osterdatums auch die Bischöfe von Palästina zusammen und bestätigten die Identität der in ihren Gemeinden erhaltenen apostolischen Überlieferung394. Imselben Geist lösten die über die ganze Welt verstreuten Gemeinden diese Frage in lokalen Bischofsversammlungen, in denen die Apostolizität der in ihnen bewahrten Überlieferung geprüft wurde. Euseb berichtet charakteristisch: "Damals war ein nicht unbedeutender Streit entstanden. Während nämlich die Gemeinden νοn ganz Αsien auf Grund sehr alter Überlieferung glaubten, man müsse den 14.Tag des Mondes, an welchem den Juden die Opferung des Lammes befohlen war, als Fest des Erlösungspascha feiern und αuf jeden Fal1 αn diesem Tage, gleichviel welcher Wochentag es gerade sein mochte, das Fasten beenden, war es bei den Kirchen auf dem ganzen όbrigen Erdkreise nicht üblich, es auf diese Weise zu halten; man beobachtete vielmehr gemäß apostolischer Überlieferung den noch heute gültigen Brauch, dErdkreise nicht όblich,ge als dem der Auferstehung unseres Erlφsers das Fasten beendet werden dόrfte. Es fanden daher Konferenzen und gemeinsame Beratungen von Bischφfen statt...”395.

Das unterschiedliche Datum der Osterfeier in den kleinasiatischen Gemeinden bedeutet keine Differenzierung von der gemeinsamen apostolischen Überlieferung. Der Unterschied liegt nicht im Glauben, sondern in der Art (έθος) und ist von gewohnheitsmäßigen Charakter. Beide Seiten beziehen sich auf den Brauch der vor ihnen lebenden Presbyter, ohne Unterschiede in bezug auf den Inhalt zu erheben. Obwohl Irenäus Meinungsverschiedenheiten in grundlegenden Grundsätzen des Glaubens nicht rechtfertigt, da "die Kirche über die ganze Welt nur einen und denselben Glauben hat"396, empfiehlt er dennoch dem Bischof von Rom,Viktor, die Gemeinschaft mit den kleinasiatischen Gemeinden wegen der Verschiedenheit in der Sitte der Osterfeier nicht aufzuheben, weil "die Verschiedenheit im Fasten die Εinheit im Glauben erweist”397. Die Glaubensübereinstimmung zeigt die Übereinstimmung im Inhalt aber nicht auch in der Formulierung, da "aus der Polyphonie der verschidenen Aussprüche eine Symphonie uns entgegenklingen wird"398.

Infolgedessen vertreten die Bischöfe, Schützer der apostolischen Überlieferung und Träger des Zeugnisses ihrer Gemeinden, die Gemeinden in ihrer gemeinsamen Vereinigung. Jeder Bischof als Vertreter einer Gemeinde repräsentiert nicht einen Teil der Kirche, sondern die ganze Kirche, weil die sich unter ihm befindende Gemeinde eine volle Kirche bildet399. Deshalb bildet auch die von einer Gemeinde erlebte apostolische Überlieferung nicht einen Teil oder ein Bruchstück der apostolischen Überlieferung der Kirche, sondern ein- und dieselbe in jeder Gemeinde erlebte Überlieferung. Der Bischof als Vertreter seiner Gemeinde und der in ihr erlebten apostolischen Überlieferung drückt nicht nur einen Teil der Wahrheit aus, sondern die ganze Wahrheit, da der in jeder Gemeinde überlieferte Christus die ganze Wahrheit bildet (Charisma veritatis).

Jeder Bischof vertritt also dieselbe Sache ohne quantitativen oder qualitativen Unterschied. Daher beschränkt sich das subjektive Element in ihm, daß "auch der größte Redner unter den Vorstehern der Kirche nichts anders verkünden kann, denn niemand geht über den Meister; und auch der Schwachbegabte wird nichts von der Überlieferung weglassen. Es ist nur ein und derselbe Glaube, ihn kann nicht vermehren, wer νiel versteht zu reden, nicht vermindern, wer wenig spricht”400. Unter diesem Gesichtspunkt versteht sich die Einheit der bischöflichen Gewalt der einzelnen Bischöfe deutlicher, wenn sie durch die Vorzeichnung von in der Peripherie sich befindenden Kreisen mit demselben Zentrum und demselben Radius veranschaulicht wird401. Nur die Häretiker stimmen nicht überein, weil sie die authentische apostolische Überlieferung nicht besitzen402, während die Bischöfe, Schützer der authentischen Überlieferung und Träger des Zeugnisses ihrer Gemeinden, in den Grundsätzen des Glaubens derselben Meinung sein müssen, weil "nun wohl, diese Botschaft und diesen Glauben die “nun wohl, diese Botschaft und diesen Glauben die derselben Meinung sein mόssen, weil _sseserung nicht besiältig, als ob sie nur eine Seele und ein Herz hätte, und verkundet und uberliefert ihre Lehre so einstimmig, als sie nur einer Mund besäße"403.

Also sowohl die geographische Dimension oder die Dimension der Breite als auch die zeitliche oder rückblickende Zurückführung auf ihre frühere Substanz blieben kraftlos zur Feststellung der Glaubenseinheit zwischen den Gemeinden ohne ein drittes Element bzw. das charismatische. Es ist bezeichnend, daß sowohl der Rückblick auf das historische Gedächtnis der Kirche als auch das Zusammenkommen der über die ganze Welt verstreuten Gemeinden am Ort in der Person des Bischofs geschah. Somit wurde der Rückblick auf die Vergangenheit durch das Verfassen von Bischofslisten, durch die das bis zu den Aposteln ununterbrochene Zurücklaufen jeder Gemeinde sichtbar wurde, verwirklicht. Daneben war das Zusammenkommen der Gemeinden durch Bischofssynoden erkennbar. Infolgedessen bildete die Einheit der Bischöfe miteinander die sichtbare Basis der kirchlichen Einheit, und vollzieht sich die Vereinigung der Gemeinden in der Einen Kirche durch ihre Bischöfe. Sie brachten jedes Μal, wenn sie zusammenkamen, die Einheit der Kirche zum Ausdruck. Daraus ist auch zu erklären, warum Irenäus die Gestalt der Kirche in der ganzen Welt als "den Charakter des Leibes Christi nach den Sukzessionen der Bischöfe"404... beschreibt.

 
 
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