Panagiotis Boumis
Die authentische Überlieferung der Kirche
Das Kriterium der Orthodoxie
6. Nachwort - Wunsch
Abschließend möchten wir wünschen, daß unsere Ausführungen über die authentische Überlieferung der Kirche dazu beitragen können, verschiedene Ideale und Ansichten zu überprüfen, daß sie zur Verständigung und damit zur Einigung der immer noch geteilten Christenheit beitragen. Dafür erhoffen wir den Segen Gottes.
NOTES
1.- Verfasser ist Professor an der Theologischen Fakultät der Universität. Ziel seines Beitrags ist es, das orthodoxe Verständnis der kirchlichen Paradosis zu vermitteln und einige Konsequenzen daraus für den ökumenischen Dialog aufzuzeigen. Anm. der Red.
2.- »Jenseits der organischen Rangfolge und obersten Verwaltungsstelle der Orthodoxen Kirche, welche die Ökumenische Synode ist, hat das wahre kirchliche Gewissen die letzte Entscheidungsgewalt über deren ökumenische Autorität, ohne über dem Rang der Ökumenischen Synode zu stehen« (Á. Alivisatos, Das Gewissen der Kirche, in: Wiss.Jahrbuch der Theol.Fak. der Univ. von Athen, 9 [1953-1954] 58-59). «Der ökumenische Charakter der Synode besteht nicht in der Teilnahme aller Bischöfe der christlichen Gemeinschaft, sondern in der Übereinstimmung der anwesenden, der vertretenen mit den abwesenden Bischöfen und den verschiedenen Gliedern der Kirche, wie auch in der nachträglichen Annahme ihrer Lehren von den übrigen Bischöfen und der ganzen Kirche, die als wahr befunden wurden" (Joh. Karmiris, Orthodoxe Ekklesiologie, Dogmatik, Teil V, Athen 1973, S.674).
3.- Siehe Êan.1 der 4., Êan.2 der 6., und Êan.1 der 7.Ökum.Synode. Mehr dazu: P.Boumis, Autorität und Kraft der hl.Kanones, Athen 1989<4>, S.12 f.
4.- Das griechische Wïrt für Regel »κανών" bedeutet ursprünglich: Stab; Lineal, mit dem wir eine gerade Linie ziehen, oder umgekehrt die Geradheit einer Linie überprüfen. Im übertragenen Sinn bezeichnet das Wort auch Bestimmung oder Gesetz, allgemein alles, was als Vorbild oder Leitfaden zur richtigen Ausführung einer Handlung dient, oder als Kriterium zur Kontrolle ihrer Richtigkeit.
5.- Vgl.Ps. 118, 14. 138. 144. Siehe auch Êan.1 der 7.Ökum.Synode.
6.- Natürlich hat das Wort »einfach« hier nicht die Bedeutung einer Mißbilligung des Konservativen. Konservativ sind, wie wir gesehen haben, jene, die alle in der Kirche vorhandenen. Überlieferungen bewahren wollen. Aber diese Tendenz muß mit Vorsicht betrachtet werden, weil sie zwei widersprüchliche Elemente in sich birgt: ein positives und ein gefährliches. Positiv ist, daß sie alle schriftlichen und mündlichen Überlieferungen bewahren will, in denen zum gegebenen Zeitpunkt die Kirche die Lösung eines Problems finden kann, oder zumindest den Ánstïß zu einer solchen Lösung. Sie schließt aber auch die Gefahr in sich, den Menschen zu überfordern; denn sie will das ganze Gewicht dieser Überlieferungen tragen. So geschieht es manchmal, daß diese Überlieferungen in Widerspruch zueinander geraten, daß sie Christen erschüttern und Ánstïß erregen. Verlassen wir also den Anspruch, daß diese Überlieferungen unbedingt und ausnahmslos von allen Christen befolgt werden müssen; denn damit würden »schwere und untragbare Gewichte auf die Schultern der Menschen« (vgl. Mt 23, 4) gelegt.
|